Carleton Gajdusek: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Eltern von Carleton Gajdusek waren Immigranten aus Europa. Der Vater Karl Gajdusek stammte aus der Slowakei und kam als Jugendlicher kurz vor dem ersten Weltkrieg in die USA, wo er eine Metzgerei in einem Einwandererviertel betrieb. Die Mutter, Ottilia Gajdusek (geb. Dobroczki), hatte ungarische Eltern. Carleton galt von Kindesbeinen an als hochintelligent und wuchs als Außenseiter auf. Als Kind führte ihn seine Tante, eine Entomologin (Insektenkundlerin) in die Naturwissenschaft ein, von der Carleton sofort fasziniert war. So studierte er später Medizin mit dem Schwerpunkt Virologie in Harvard, wo er als geniale, aber exzentrische und unangepaßte Persönlichkeit galt. Seine Forscherlaufbahn widmete er der Untersuchung unheilbarer Krankheiten, da nur diese ihn wirklich interessierten. Seine wichtigste Arbeit nahm ihren Anfang in einem kannibalistischen Naturvolk (die "Kure" in Neu-Guinea), die an einer bis dato unbekannten und unerklärten neuro-degenerativen, tödlichen Erkrankung (''Kuru'') litten, die vor allem Kinder und Frauen befiel. Er konnte nachweisen, daß sie von nichtgenetischen Erreger (später ''Prionen'' genannt) verursacht ist und zwischen verschiedenen Spezies übertragen werden konnte, wofür man ihm 1976 den Medizin-Nobelpreis verlieh. Die Entdeckung war bahnbrechend für die Erforschung von Krankheiten wie Creutzfeldt-Jakob beim Menschen, BSE (''Rinderwahnsinn'') oder ''Scrapie'' (bei Schafen). | |||
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== Mißbrauchsanklage == | == Mißbrauchsanklage == | ||
Im Jahr 1996, im Alter von 73 Jahren, wurde er in den USA wegen Kindesmißbrauch angeklagt und vor Gericht gestellt. Einer seiner Adoptivsöhne beschuldigte Gajdusek, ihn als Kind belästigt zu haben. | Im Jahr 1996, im Alter von 73 Jahren, wurde er in den USA wegen Kindesmißbrauch angeklagt und vor Gericht gestellt. Einer seiner Adoptivsöhne beschuldigte Gajdusek, ihn als Kind belästigt zu haben. Angesichts des skandalösen Vorwurfs wurde Gajdusek durch den guten Leumund zahlreicher seiner Freunde unterstützt, darunter viele hochrangige Wissenschaftler, und der Prozeß entwickelte sich zu einem Medienereignis. Nachdem weitere seiner Adoptivsöhne sexuelle Kontakte zu ihm zugaben, plädierte Gajdusek 1997 auf ''schuldig'', obwohl nur ein Fall beweislich belastbar war. Gajdusek argumentierte, daß die Jungen aus Kulturen stammten, wo derartige sexuelle Kontakte als normal galten. Dies traf aber nur zum Teil zu, da zumindest später auch einzelne Kontakte zu US-amerikanischen Kindern ans Licht kamen, wobei alle aber nach bisherigem Stand gewaltfrei abliefen. Gajdusek nahm in einem ''Deal'' eine Gefängnisstrafe von zwölf Monaten in Kauf, um den Prozeß weitgehend abzukürzen. | ||
== Spätere Jahre == | == Spätere Jahre == | ||
Nach der Haft zog Gajdusek nach Frankreich. Er gab zu, pädophil zu sein, insofern als "auch Jesus und Mutter Theresa" pädophil seien, da sie Kinder liebten. Außerdem gab er an, die Jungen hätten jeweils den sexuellen Kontakt zu ihm gesucht, und die Initiative sei stets von ihnen ausgegangen. Zu einer biographischen Aufarbeitung, die 2009 ausgestrahlt wurde (''The Genius and the Boys'', dt.: ''Das Genie und die Jungen'' des schwedischen Filmemachers Bosse Lindquist), wurden sieben Personen ermittelt, die angaben, als Kind oder Jugendlicher sexuellen Kontakt zu ihm gehabt zu haben. Davon gaben vier an, daß sie dies als unproblematisch ansehen und ihn immernoch lieben würden. Drei empfanden die Kontakte im Nachhinein als problematisch. Gajdusek | Nach der Haft zog Gajdusek nach Frankreich. Er gab zu, pädophil zu sein, insofern als "auch Jesus und Mutter Theresa" pädophil seien, da sie Kinder liebten. Außerdem gab er an, die Jungen hätten jeweils den sexuellen Kontakt zu ihm gesucht, und die Initiative sei stets von ihnen ausgegangen. Zu einer biographischen Aufarbeitung, die 2009 ausgestrahlt wurde (''The Genius and the Boys'', dt.: ''Das Genie und die Jungen'' des schwedischen Filmemachers Bosse Lindquist), wurden sieben Personen ermittelt, die angaben, als Kind oder Jugendlicher sexuellen Kontakt zu ihm gehabt zu haben. Davon gaben vier an, daß sie dies als unproblematisch ansehen und ihn immernoch lieben würden. Drei empfanden die Kontakte im Nachhinein als problematisch. Gajdusek warf dem amerikanischen Rechtssystem seinerseits Prüderie vor und kehrte nach seiner Haft nie mehr in die USA zurück, sondern lebte, arbeitete und schrieb in Europa bis zu seinem Tod 2008. | ||
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Aktuelle Version vom 10. April 2010, 23:47 Uhr
Dr. Daniel Carleton Gajdusek (* 9. September 1923 in Yonkers, New York; † 12. Dezember 2008 in Tromsø, Norwegen) war ein bedeutender US-Amerikanischer Mediziner und Nobelpreisträger.
Werdegang
Die Eltern von Carleton Gajdusek waren Immigranten aus Europa. Der Vater Karl Gajdusek stammte aus der Slowakei und kam als Jugendlicher kurz vor dem ersten Weltkrieg in die USA, wo er eine Metzgerei in einem Einwandererviertel betrieb. Die Mutter, Ottilia Gajdusek (geb. Dobroczki), hatte ungarische Eltern. Carleton galt von Kindesbeinen an als hochintelligent und wuchs als Außenseiter auf. Als Kind führte ihn seine Tante, eine Entomologin (Insektenkundlerin) in die Naturwissenschaft ein, von der Carleton sofort fasziniert war. So studierte er später Medizin mit dem Schwerpunkt Virologie in Harvard, wo er als geniale, aber exzentrische und unangepaßte Persönlichkeit galt. Seine Forscherlaufbahn widmete er der Untersuchung unheilbarer Krankheiten, da nur diese ihn wirklich interessierten. Seine wichtigste Arbeit nahm ihren Anfang in einem kannibalistischen Naturvolk (die "Kure" in Neu-Guinea), die an einer bis dato unbekannten und unerklärten neuro-degenerativen, tödlichen Erkrankung (Kuru) litten, die vor allem Kinder und Frauen befiel. Er konnte nachweisen, daß sie von nichtgenetischen Erreger (später Prionen genannt) verursacht ist und zwischen verschiedenen Spezies übertragen werden konnte, wofür man ihm 1976 den Medizin-Nobelpreis verlieh. Die Entdeckung war bahnbrechend für die Erforschung von Krankheiten wie Creutzfeldt-Jakob beim Menschen, BSE (Rinderwahnsinn) oder Scrapie (bei Schafen).
Adoptionen
Gleichzeitig zu seinen medizinischen Forschungen entwickelte er ein starkes Interesse an der Anthropologie der exotischen Kulturen, die insbesondere im Umgang mit Kindern und Sexualität häufig völlig andere als die gewohnten westlichen Maßstäbe zeigten. Im Rahmen vieler Reisen nach Neu-Guinea, Australien und Mikronesien nahm er zahlreiche Kinder, hauptsächlich Jungen, unter seine Fittiche, adoptierte sie und brachte sie in seine "Familie" in die USA, wo er ihnen eine westliche Ausbildung ermöglichte. Unter seinen Adoptivsöhnen war auch ein deutscher Junge der Nachkriegsgeneration. Auf die Frage, wonach er seine "Ziehkinder" aussuche, erwiderte er, es seien diejenigen, die "wüßten, daß es da draußen mehr gebe" und "deren Intellekt es beleidigte", würde er sie in einem primitiven Naturvolk zurücklassen.
Mißbrauchsanklage
Im Jahr 1996, im Alter von 73 Jahren, wurde er in den USA wegen Kindesmißbrauch angeklagt und vor Gericht gestellt. Einer seiner Adoptivsöhne beschuldigte Gajdusek, ihn als Kind belästigt zu haben. Angesichts des skandalösen Vorwurfs wurde Gajdusek durch den guten Leumund zahlreicher seiner Freunde unterstützt, darunter viele hochrangige Wissenschaftler, und der Prozeß entwickelte sich zu einem Medienereignis. Nachdem weitere seiner Adoptivsöhne sexuelle Kontakte zu ihm zugaben, plädierte Gajdusek 1997 auf schuldig, obwohl nur ein Fall beweislich belastbar war. Gajdusek argumentierte, daß die Jungen aus Kulturen stammten, wo derartige sexuelle Kontakte als normal galten. Dies traf aber nur zum Teil zu, da zumindest später auch einzelne Kontakte zu US-amerikanischen Kindern ans Licht kamen, wobei alle aber nach bisherigem Stand gewaltfrei abliefen. Gajdusek nahm in einem Deal eine Gefängnisstrafe von zwölf Monaten in Kauf, um den Prozeß weitgehend abzukürzen.
Spätere Jahre
Nach der Haft zog Gajdusek nach Frankreich. Er gab zu, pädophil zu sein, insofern als "auch Jesus und Mutter Theresa" pädophil seien, da sie Kinder liebten. Außerdem gab er an, die Jungen hätten jeweils den sexuellen Kontakt zu ihm gesucht, und die Initiative sei stets von ihnen ausgegangen. Zu einer biographischen Aufarbeitung, die 2009 ausgestrahlt wurde (The Genius and the Boys, dt.: Das Genie und die Jungen des schwedischen Filmemachers Bosse Lindquist), wurden sieben Personen ermittelt, die angaben, als Kind oder Jugendlicher sexuellen Kontakt zu ihm gehabt zu haben. Davon gaben vier an, daß sie dies als unproblematisch ansehen und ihn immernoch lieben würden. Drei empfanden die Kontakte im Nachhinein als problematisch. Gajdusek warf dem amerikanischen Rechtssystem seinerseits Prüderie vor und kehrte nach seiner Haft nie mehr in die USA zurück, sondern lebte, arbeitete und schrieb in Europa bis zu seinem Tod 2008.