§ 176 StGB (Deutschland): Unterschied zwischen den Versionen

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= Einleitung =
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Die Unübersichtlichkeit und Kompliziertheit des 13. Abschnitts des StGB hat in den letzten Jahren (seit ca. 1989) infolge zahlreicher Veränderungen/Verschärfungen rasant zugenommen.<ref>''Vor §174 Rd. 3b; Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof.''</ref> Selbst im Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 war eine "grundlegende Reform" des Sexualstrafrechts vereinbart worden <ref>''Ziff. XIII 2.1, S.140 (alt) Zeile 5891, S. 120 (aktuell: http://www.cdu.de/doc/pdf/05_11_11_Koalitionsvertrag.pdf) ''</ref>. Dazu kam es jedoch nicht.
Die Unübersichtlichkeit und Kompliziertheit des 13. Abschnitts des StGB hat in den letzten Jahren (seit ca. 1989) infolge zahlreicher Veränderungen/Verschärfungen rasant zugenommen<ref name="TFischer56">''Vor §174 Rd. 3b; Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof.''</ref>. Selbst im Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 war eine "grundlegende Reform" des Sexualstrafrechts vereinbart worden <ref>''Ziff. XIII 2.1, S.140 (alt) Zeile 5891, S. 120 (aktuell: http://www.cdu.de/doc/pdf/05_11_11_Koalitionsvertrag.pdf) ''</ref>. Dazu kam es jedoch nicht. In einem juristischen Lehrbuch ist sogar die Rede davon, dass das  Sexualstrafrecht zum '''Modethema''' geworden sei. Das Aufheizen des Themas durch die Medien hat mit zur weiteren Verschärfungen bestehender Gesetze und zur Schaffung neuer Sexualdelikte geführt<ref name="Hilgendorf2">Strafrecht Besonderer Teil, 2. Auflage 2009, Lehrbuch, Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Verlag Ernst und Werner Gieseking * Bielefeld, Rd. 1, Seite 295</ref>.
 
Der Artikel versucht, denjenigen die eventuell mit der Vorschrift in Konflikt stehen, oder auch im politischen Bereich damit befasst sind, ein klares und verständliches Bild zu geben.  
Der Artikel versucht, denjenigen die eventuell mit der Vorschrift in Konflikt stehen, oder auch im politischen Bereich damit befasst sind, ein klares und verständliches Bild zu geben.  
Wir wollen denjenigen Informationen an die Hand geben, denen die finanziellen Mittel für einen qualifizierten Strafverteidiger fehlen oder die mit ihrem Strafverteidiger über die richtige Stratgie im  Gespräch sind.
Wir wollen denjenigen Informationen an die Hand geben, denen die finanziellen Mittel für einen qualifizierten Strafverteidiger fehlen oder die mit ihrem Strafverteidiger über die richtige Stratgie im  Gespräch sind.


Der adäquate (=angemessen) Umgang mit dem Strafjustizsystem, angefangen vom Durchsuchungsbefehl über die vorläufige Festnahme, Untersuchungshaft, Gerichtsverhandlung bis hin zum Eintritt in eine Justizvollzugsanstalt, wird hier ebenfalls ausführlich behandelt.
Der adäquate (=angemessene) Umgang mit dem Strafjustizsystem, angefangen vom Durchsuchungsbefehl über die vorläufige Festnahme, Untersuchungshaft, Gerichtsverhandlung bis hin zum Eintritt in eine Justizvollzugsanstalt, wird hier ebenfalls ausführlich behandelt.


Das geschützte Rechtsgut des §176 wird in der Literatur auf zweierlei Weise angegeben:
Das geschützte Rechtsgut des §176 wird in der Literatur auf zweierlei Weise angegeben:
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2. geschützt ist die von sexuellen Handlungen ungestörte Entwicklung des Kindes
2. geschützt ist die von sexuellen Handlungen ungestörte Entwicklung des Kindes
   
   
:''Dem liegen die Entwicklungspsyhologischen Annahmen zugrunde, dass sich die sexuelle Identität  einer Person und damit ihrer Fähigkeit, über ihr sexualverhalten zu bestimmen, als Teil der Gesamtpersönlichkeit [endogen, d.h. aus sich heraus] entwickelt und  dass äußere, fremdbestimmte Eingriffe in die kindliche Sexualität in besonderer Weise geeignet sind, diese Entwicklung zu stören.''<ref>''§176 Rd. 2., ebenda''</ref>
:''Dem liegen die Entwicklungspsyhologischen Annahmen zugrunde, dass sich die sexuelle Identität  einer Person und damit ihrer Fähigkeit, über ihr sexualverhalten zu bestimmen, als Teil der Gesamtpersönlichkeit [endogen, d.h. aus sich heraus] entwickelt und  dass äußere, fremdbestimmte Eingriffe in die kindliche Sexualität in besonderer Weise geeignet sind, diese Entwicklung zu stören.''<ref name="TFischer56rd2">''§176 Rd. 2., ebenda''</ref>


Der Gesetzgeber geht hier von einer '''Annahme''' aus, die bestimmte als "wahr" erachtete Paradigmen (Denkmuster) voraussetzt.  
Der Gesetzgeber geht hier von einer '''Annahme''' aus, die bestimmte als "wahr" erachtete Paradigmen (Denkmuster) voraussetzt.  
Das Recht der Achtung seiner Intimsphäre und der sexuellen Selbstbestimmung des Kindes soll geschützt werden. Das Wissen um die soziale Bedeutung von sexuellen Handlungen ist Kindern nicht bekannt. Kinder sind nicht in der Lage eigene Interessen durchzusetzen, weil sie im Gegensatz zu Erwachsenen und Jugendlichen Machtunterschieden  unterliegen<ref name="lk-12-rd3-4">Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar, Großkommentar, Sechster Band, §§ 146 bis 210, 12. Auflage, Verlag: De Gruyter Recht * Berlin 2009, Rd. 3-4, Seite 853</ref>.


Juristen beobachten seit geraumer Zeit sowohl härtere Strafen gegen sogenannte "Kinderschänder" als auch verstärkt sexualisierte Darstellung von Minderjährigen in Werbung und Unterhaltung. Diese Widersprüchlichkeit äußert sich auch in widersprüchlichen Gesetzesverschärfungen bis hin zu Diskussionsverboten<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 2a, S. 1173</ref>.  
Juristen beobachten seit geraumer Zeit sowohl härtere Strafen gegen sogenannte "Kinderschänder" als auch verstärkt sexualisierte Darstellung von Minderjährigen in Werbung und Unterhaltung. Diese Widersprüchlichkeit äußert sich auch in widersprüchlichen Gesetzesverschärfungen bis hin zu Diskussionsverboten<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 2a, S. 1173</ref>.  
:''So hieß es, es sei den Opfern nicht zumutbar, wenn vor Gericht erörtert(!) werde, ob(!) ein minder schwerer Fall gegeben sein könnte''<ref>BT-Drs. 15/350. Bundestagsdrucksache. 15. Wahlperiode vom 28.01.2003</ref>.  
:''So hieß es, es sei den Opfern nicht zumutbar, wenn vor Gericht erörtert(!) werde, ob(!) ein minder schwerer Fall gegeben sein könnte''<ref name="BTDrs15-350">BT-Drs. 15/350. Bundestagsdrucksache. 15. Wahlperiode vom 28.01.2003</ref>.  
Bei anderen (qualifizierten) Straftaten hat derselbe Gesetzgeber diese (fast schon abwegig erscheinende) Besorgnis nicht gehabt. Weiterhin werden irrationale Spekulationen über das Dunkelfeld festgestellt (bei gleichzeitigem Rückgang der Zahlen angezeigter Taten, obwohl die Anzeigeschwelle sinkt)<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 2a, S. 1173</ref>.
Bei anderen (qualifizierten) Straftaten hat derselbe Gesetzgeber diese (fast schon abwegig erscheinende) Besorgnis nicht gehabt. Weiterhin werden irrationale Spekulationen über das Dunkelfeld festgestellt (bei gleichzeitigem Rückgang der Zahlen angezeigter Taten, obwohl die Anzeigeschwelle sinkt)<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 2a, S. 1173</ref>.


Der Leipziger Großkommentar ist in seiner Begründung ausführlicher:
Der Leipziger Großkommentar ist in seiner Begründung ausführlicher:
:Bei allem Verständnis für ein Opferinteressen Rechnung tragendes Strafrecht: Diese Argumentation ist absurd. Opfer werden gekränkt, wenn Unrecht nicht angemessen gewertet, d.h. sachwidrig zu niedrig angesetzt wird, nicht aber, wenn objektiv geringes Erfolgsunrecht auch als solches bezeichnet wird.[..] Dieses Reformen bedeuten einen Schritt zurück in Richtung des überwundenen geglaubten Rechtsgut "Sittlichkeit"<ref>Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar, Großkommentar, Sechster Band, §§ 146 bis 210, 12. Auflage, Verlag: De Gruyter Recht *  Berlin 2009, Seite 851 </ref>.
:Bei allem Verständnis für ein Opferinteressen Rechnung tragendes Strafrecht: Diese Argumentation ist absurd. Opfer werden gekränkt, wenn Unrecht nicht angemessen gewertet, d.h. sachwidrig zu niedrig angesetzt wird, nicht aber, wenn objektiv geringes Erfolgsunrecht auch als solches bezeichnet wird.[..] Dieses Reformen bedeuten einen Schritt zurück in Richtung des überwundenen geglaubten Rechtsgut "Sittlichkeit"<ref>Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar, Großkommentar, Sechster Band, §§ 146 bis 210, 12. Auflage, Verlag: De Gruyter Recht *  Berlin 2009, Seite 851 </ref>.
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! colspan="1"|<big>'''::: Kurzfassung ::: '''</big>
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|In den letzten Jahren hat das Sexualstrafrecht auf Druck der Öffentlichkeit und der Medien eine enorme undurchschaubare Komplexität erhalten<ref name="TFischer56" /><ref name="Hilgendorf2" />. Der Gesetzgeber geht bis heute davon aus, dass jede Form einer als sexuell definierten Handlung für die sexuelle Entwicklungen von Kindern schädlich ist<ref name="TFischer56rd2" /><ref name="lk-12-rd3-4" />. Ein Fall der vom Normallfall der jeweiligen Rechtsnorm in erheblicher Art und Weise abweicht (= minder schwerer Fall), wurde in §176 StGB aus folgenden Grund abgeschafft: ''"[..]Es sei Opfern nicht zumutbar, wenn vor Gericht erörtert(!) werde, ob(!) ein minder schwerer Fall gegeben sein könnte[..]"'', hiess es in dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 28. 01. 2003<ref name="BTDrs15-350" />.
|}


= Entwicklungsgeschichte =
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== §174 ==
== §174 ==
== §§176, 176a u. 176b ==
== §§176, 176a u. 176b ==
Das Rechtsgut der Tat ist ein abstraktes Gefährungsdelikt. Der § 176 soll die Möglichkeit zur freien Entwicklung  sexueller Selbstbestimmungsfähigkeit von Kindern (Personen unter 14 Jahren) schützen. Die Vorschrift legt eine absolute Grenze für den sexualbezogenen Umgang mit Kindern fest. Diese Grenze liegt bei 14 Jahren. Unterhalb dieser Grezen sind alle sexuellen Kontakte ausnahmslos verboten. Dies gilt auch für solche Kontakte zwischen knapp über 14-Jährigen mit knapp unter 14-Jährigen. Als Schutzgut kann hier die kindliche Gesamtentwicklung angesehen werden. Hierbei wird angenommen, dass sich die sexuelle Identität einer Person und damit die Fähigkeit über ihr Sexualverhalten selbst zu bestimmen erst als Teil der Gesamtpersönlichkeit entwickelt. Weiterhin nimmt man an, dass fremdbestimmte Eingriffe in diese Entwicklung stören könnten; jedoch nicht zwingend müssen. Der Gesetzgeber sieht Kinder dabei nicht als grundsätzlich als einwilligungsunfähig an, da ihnen die Fähigkeit zum Widerstand gegen sexuelle Handlungen zugebilligt wird. Jegliche positive Einwilligung in Handlungen mit sexuellem Charakter ist jedoch ausnahmslos unwirksam<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 2, S. 1167</ref>.
Opfer einer Tat kann nur ein Kind (Person unter 14 Jahren) sein.  Auf die sexuelle Erfahrneheit kommt es dabei ebensowenig an wie auf den Umstand, ob das Kind die sexuelle Handlung überhaupt wahrnimmt oder ob  das Kind der sexuellen Handlung bewusst zustimmt. Das Gesetz will die Entwicklung von Kindern insgesamt und ausnahmlos von sexuellen Erlebnissen freihalten
<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 3, S. 1167-1168</ref>.
Der Umfang des möglichen Strafrahmens schließt die vom Gesetzgeber erwarteten typischen Schädigungen durch die Tat mit ein. Der Eintritt solcher Folgen kennzeichnet jedoch nicht den Durchschnittsfall. Derartige Schädigungen können daher strafschärfend gewertet werden. Der Normalfall bei abstrakten Gefährungsdelikten ist die Ungewissheit über die konkreten Folgen der Tat. Daher könnten tatsächlich eintretende Folgen entsprechend ihres Umfangs strafschärfend gewertet werden. Das Ausbleiben jeglicher Folgen bzw. Schädigungen kann strafmildernd gewertet werden. Allein die "allgemeine Gefahr" nachhaltiger Beeinträchtigungen darf nicht strafschärfend gewertet werden<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 36, S. 1174</ref>.
Bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt kann das Gewicht der sexuellen Handlung im Hinblick auf ihre konkrete Wirkung auf das Kind sein. Problematisch ist die Auffassung, dass der Tatrichichter bei der Strafzumessung auch rechtspolitsche Tendenzen in der EU und neurere Erwägungen des Gesetzgebers berücksicht, die zum Tatzeitpunkt noch nicht bestanden haben<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 36b, S. 1174-1175</ref>.
== §182 ==
== §182 ==
== §184 ==
== §184 ==
Die Vorschrift soll sowohl einzelne Jugendliche als auch Erwachsene schützen, die mit Pornographie konfrontiert werden könnten. Sie wurde geschaffen, obwohl die angehörten Wissenschaftler im Gesetzgebungsverfahren das Risiko für eine Gefährdung Jugendlicher überwiegend als gering eingeschätzt hatten. Schädliche Auswirkungen wurden durchweg als in der Regel nicht wahrscheinlich angesehen. Völlig auszuschließen waren negative Auswirkungen jedoch nicht, so dass eine auf Jugendschutz ausgerichtete Regelung gerechtfertigt erschien, nicht jedoch ein Totalverbot. Auf dieser Grundlage wurde das abstrakte Gefährdungsdelikt der Pornografie errichtet.
Natürlich kann niemand irgendetwas völlig ausschließen und mit diesem Trick haben die Politiker bis heute ihren Pornografieparagrafen durchgesetzt.
Der Gesetzgeber unterscheidet außerdem im §184 zwischen '''harter''' und '''weicher''' Pornographie. Insbesondere sadistische Pornographie zählt zur  harten Pornographie. Die Entwicklung von Jugendlichen wurde hier ebenfalls als gefährdet angesehen. Auch an dieser Stelle konnten  keine wissenschaftlichen Befunde der Annahme zu Grunde gelegt, aber eine Gefährdung auch nicht völlig ausgeschlossen werden.
Trotz wissenschaftler Bedenken, sah der Gesetzgeber die Novellierung als gerechtfertigt an <ref>Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar, Großkommentar, Sechster Band, §§ 146 bis 210, 12. Auflage, Verlag: De Gruyter Recht *  Berlin 2009, Seite 1160-1161, Randnummer 1-2</ref>.
== §66 Abs. 3 (Sicherungsverwahrung) in Verbindung mit §176 ff. ==
== §66 Abs. 3 (Sicherungsverwahrung) in Verbindung mit §176 ff. ==
= Rechtsfolgen nach dem Bestimmungen des §§ 174 - 176, 182 u. 184 ff. StGB =
= Rechtsfolgen nach dem Bestimmungen des §§ 174 - 176, 182 u. 184 ff. StGB =
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== §68b Weisungen ==
== §68b Weisungen ==
== §145a Verstoß gegen die Weisungen während der Führungsaufsicht ==
== §145a Verstoß gegen die Weisungen während der Führungsaufsicht ==
Strafandrohung wurde 2007 von einem auf drei Jahre erhöht
<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 1, S. 1150</ref>.
Der Zweck der Vorschrift ist entsprechend der Führungsaufsicht, die Verhinderung von Straftaten durch die verurteilte Person. Die hier
unter Strafe gestellte Tate wird als Sonderdelikt bezeichnet und fällt
in die Kategorie des konkreten Gefährdungsdeliktes. Hinsichtlich des
Vorsatzes des Täters gilt die Vorschrift als durchaus fragwürdig. Dieser
müsste durch den Maßregelzweck bestimmt und bewertet werden<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 2, S. 1150</ref>.
Der Paragraph ist auch darüber hinaus  in seiner Legitimation in mehrfacher Hinsicht umstritten. In der juristischen Praxis ist der § 145a kaum von Bedeutung<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 3, S. 1150</ref>.
Täter kann nur eine Person sein, die sich unter Führungsaufsicht befindet und die Tatmuss während dieser Maßregel begangen worden sein<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 4, S. 1150</ref>.
Tathandlung ist der Verstoss gegen eine bestimmte Weisung nach § 68b 1 Nr. 1 bis 11, die durch das Gericht der verurteilten Person erteilt wurde.  Weisungen nach § 68b II sind nicht durch den § 145 a erfasst. Um gegen den § 145 a zu verstossen muss der Täter, die ihm auferlegten Weisungen nicht oder nur teilweise nachkommen. Ebenso ist der Straftatbestand verwirklicht wenn die Weisung nicht in der ihm auferlegten Weise erfüllt wird. Je nach Art der Weisung besteht die Tathandlung aus einem aktiven handeln oder im Unterlassen einer auferlegten Handlung<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 5, S. 1151</ref>.
Der § 145a erfasst nur Verstösse gegen genau bestimmte Weisungen. Verstösse gegen unbestimmte , unzulässige oder unzumutbare Weisungen erfüllen den Tatbestand des § 145 nicht<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 6, S. 1151</ref>.
Durch den Verstoss gegen eine Weisung muss der Zweck der Maßregel konkret gefährdet sein. Voraussetzung ist somit, dass durch den Weisungsverstoss die Gefahr einer erneuten Straftat vergrößert wird. Kleinere Verstösse reichen nicht aus den Tatbestand zu erfüllen<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 8, S. 1151</ref>.
Die Strafbarkeit entfällt ebenfalls wenn die Ursache des Verstosses, den Zweck der Maßregel nicht gefährdet bzw. wenn  der Verstoss selbst dazu geeignet war die Gefährdung der Maßregel abzuwenden<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 9, S. 1151</ref>.
Der subjektive Tatbestand setzt Vorsatz voraus. Bedingter Vorsatz reicht dabei aus. Hierbei sind die Umstände der Weisung als Tatbestandsmerkmale zu betrachten. Gleiches gilt für die Gefährdung des Maßregelzwecks<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 10, S. 1151</ref>.
Die Tat kann gerechtfertigt oder entschuldigt sein. Dann fehlt es meist schon an der Gefährdung des Zwecks der Maßregel<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 11, S. 1151</ref>.
Die Straffzumessung soll sich am Umfang des Verstosses und an der hierdurch entstandenen konkreten Gefahr orientieren. Die Höchststrafe wurde 2007 von ein Jahr auf drei Jahre Freiheitsstrafe erhöht weil der Gesetzgeber in der geringeren Strafandrohung keine hinreichende Motivation für den Verurteilten gesehen hat die auferlegten Weisungen einzuhalten. Durch die Erhöhung des Strafrahmens sollte die Maßregel der Führungsaufsicht generalpräventiv aufgewertet werden<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 12, S. 1151-1152</ref>.
Die Tat wird nur auf Antrag der Aufsichtsstelle verfolgt. Die Aufsichtsstelle hat den Bewährungshelfer zu hören, wobei die Wirksamkeit des Antrags nicht von der Anhörung des Bewährungshelfers abhängig ist<ref>Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 13, S. 1152</ref>.
= Schlussbemerkung =
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= Abkürzungen =
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<!-- Quellenangaben -->
<!-- Quellenangaben -->
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Aktuelle Version vom 16. Oktober 2013, 18:15 Uhr

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 - 176, 182 u. 184 ff.)



Einleitung

Die Unübersichtlichkeit und Kompliziertheit des 13. Abschnitts des StGB hat in den letzten Jahren (seit ca. 1989) infolge zahlreicher Veränderungen/Verschärfungen rasant zugenommen[1]. Selbst im Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 war eine "grundlegende Reform" des Sexualstrafrechts vereinbart worden [2]. Dazu kam es jedoch nicht. In einem juristischen Lehrbuch ist sogar die Rede davon, dass das Sexualstrafrecht zum Modethema geworden sei. Das Aufheizen des Themas durch die Medien hat mit zur weiteren Verschärfungen bestehender Gesetze und zur Schaffung neuer Sexualdelikte geführt[3].

Der Artikel versucht, denjenigen die eventuell mit der Vorschrift in Konflikt stehen, oder auch im politischen Bereich damit befasst sind, ein klares und verständliches Bild zu geben. Wir wollen denjenigen Informationen an die Hand geben, denen die finanziellen Mittel für einen qualifizierten Strafverteidiger fehlen oder die mit ihrem Strafverteidiger über die richtige Stratgie im Gespräch sind.

Der adäquate (=angemessene) Umgang mit dem Strafjustizsystem, angefangen vom Durchsuchungsbefehl über die vorläufige Festnahme, Untersuchungshaft, Gerichtsverhandlung bis hin zum Eintritt in eine Justizvollzugsanstalt, wird hier ebenfalls ausführlich behandelt.

Das geschützte Rechtsgut des §176 wird in der Literatur auf zweierlei Weise angegeben:

1. geschützt ist die ungestörte sexuelle Entwicklung des Kindes (Person unter 14 Jahren)

2. geschützt ist die von sexuellen Handlungen ungestörte Entwicklung des Kindes

Dem liegen die Entwicklungspsyhologischen Annahmen zugrunde, dass sich die sexuelle Identität einer Person und damit ihrer Fähigkeit, über ihr sexualverhalten zu bestimmen, als Teil der Gesamtpersönlichkeit [endogen, d.h. aus sich heraus] entwickelt und dass äußere, fremdbestimmte Eingriffe in die kindliche Sexualität in besonderer Weise geeignet sind, diese Entwicklung zu stören.[4]

Der Gesetzgeber geht hier von einer Annahme aus, die bestimmte als "wahr" erachtete Paradigmen (Denkmuster) voraussetzt.

Das Recht der Achtung seiner Intimsphäre und der sexuellen Selbstbestimmung des Kindes soll geschützt werden. Das Wissen um die soziale Bedeutung von sexuellen Handlungen ist Kindern nicht bekannt. Kinder sind nicht in der Lage eigene Interessen durchzusetzen, weil sie im Gegensatz zu Erwachsenen und Jugendlichen Machtunterschieden unterliegen[5].

Juristen beobachten seit geraumer Zeit sowohl härtere Strafen gegen sogenannte "Kinderschänder" als auch verstärkt sexualisierte Darstellung von Minderjährigen in Werbung und Unterhaltung. Diese Widersprüchlichkeit äußert sich auch in widersprüchlichen Gesetzesverschärfungen bis hin zu Diskussionsverboten[6].

So hieß es, es sei den Opfern nicht zumutbar, wenn vor Gericht erörtert(!) werde, ob(!) ein minder schwerer Fall gegeben sein könnte[7].

Bei anderen (qualifizierten) Straftaten hat derselbe Gesetzgeber diese (fast schon abwegig erscheinende) Besorgnis nicht gehabt. Weiterhin werden irrationale Spekulationen über das Dunkelfeld festgestellt (bei gleichzeitigem Rückgang der Zahlen angezeigter Taten, obwohl die Anzeigeschwelle sinkt)[8].

Der Leipziger Großkommentar ist in seiner Begründung ausführlicher:

Bei allem Verständnis für ein Opferinteressen Rechnung tragendes Strafrecht: Diese Argumentation ist absurd. Opfer werden gekränkt, wenn Unrecht nicht angemessen gewertet, d.h. sachwidrig zu niedrig angesetzt wird, nicht aber, wenn objektiv geringes Erfolgsunrecht auch als solches bezeichnet wird.[..] Dieses Reformen bedeuten einen Schritt zurück in Richtung des überwundenen geglaubten Rechtsgut "Sittlichkeit"[9].
::: Kurzfassung :::
In den letzten Jahren hat das Sexualstrafrecht auf Druck der Öffentlichkeit und der Medien eine enorme undurchschaubare Komplexität erhalten[1][3]. Der Gesetzgeber geht bis heute davon aus, dass jede Form einer als sexuell definierten Handlung für die sexuelle Entwicklungen von Kindern schädlich ist[4][5]. Ein Fall der vom Normallfall der jeweiligen Rechtsnorm in erheblicher Art und Weise abweicht (= minder schwerer Fall), wurde in §176 StGB aus folgenden Grund abgeschafft: "[..]Es sei Opfern nicht zumutbar, wenn vor Gericht erörtert(!) werde, ob(!) ein minder schwerer Fall gegeben sein könnte[..]", hiess es in dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 28. 01. 2003[7].

Entwicklungsgeschichte

Übersicht im 13. Abschnitt des StGB

§174

§§176, 176a u. 176b

Das Rechtsgut der Tat ist ein abstraktes Gefährungsdelikt. Der § 176 soll die Möglichkeit zur freien Entwicklung sexueller Selbstbestimmungsfähigkeit von Kindern (Personen unter 14 Jahren) schützen. Die Vorschrift legt eine absolute Grenze für den sexualbezogenen Umgang mit Kindern fest. Diese Grenze liegt bei 14 Jahren. Unterhalb dieser Grezen sind alle sexuellen Kontakte ausnahmslos verboten. Dies gilt auch für solche Kontakte zwischen knapp über 14-Jährigen mit knapp unter 14-Jährigen. Als Schutzgut kann hier die kindliche Gesamtentwicklung angesehen werden. Hierbei wird angenommen, dass sich die sexuelle Identität einer Person und damit die Fähigkeit über ihr Sexualverhalten selbst zu bestimmen erst als Teil der Gesamtpersönlichkeit entwickelt. Weiterhin nimmt man an, dass fremdbestimmte Eingriffe in diese Entwicklung stören könnten; jedoch nicht zwingend müssen. Der Gesetzgeber sieht Kinder dabei nicht als grundsätzlich als einwilligungsunfähig an, da ihnen die Fähigkeit zum Widerstand gegen sexuelle Handlungen zugebilligt wird. Jegliche positive Einwilligung in Handlungen mit sexuellem Charakter ist jedoch ausnahmslos unwirksam[10].

Opfer einer Tat kann nur ein Kind (Person unter 14 Jahren) sein. Auf die sexuelle Erfahrneheit kommt es dabei ebensowenig an wie auf den Umstand, ob das Kind die sexuelle Handlung überhaupt wahrnimmt oder ob das Kind der sexuellen Handlung bewusst zustimmt. Das Gesetz will die Entwicklung von Kindern insgesamt und ausnahmlos von sexuellen Erlebnissen freihalten [11].

Der Umfang des möglichen Strafrahmens schließt die vom Gesetzgeber erwarteten typischen Schädigungen durch die Tat mit ein. Der Eintritt solcher Folgen kennzeichnet jedoch nicht den Durchschnittsfall. Derartige Schädigungen können daher strafschärfend gewertet werden. Der Normalfall bei abstrakten Gefährungsdelikten ist die Ungewissheit über die konkreten Folgen der Tat. Daher könnten tatsächlich eintretende Folgen entsprechend ihres Umfangs strafschärfend gewertet werden. Das Ausbleiben jeglicher Folgen bzw. Schädigungen kann strafmildernd gewertet werden. Allein die "allgemeine Gefahr" nachhaltiger Beeinträchtigungen darf nicht strafschärfend gewertet werden[12].

Bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt kann das Gewicht der sexuellen Handlung im Hinblick auf ihre konkrete Wirkung auf das Kind sein. Problematisch ist die Auffassung, dass der Tatrichichter bei der Strafzumessung auch rechtspolitsche Tendenzen in der EU und neurere Erwägungen des Gesetzgebers berücksicht, die zum Tatzeitpunkt noch nicht bestanden haben[13].

§182

§184

Die Vorschrift soll sowohl einzelne Jugendliche als auch Erwachsene schützen, die mit Pornographie konfrontiert werden könnten. Sie wurde geschaffen, obwohl die angehörten Wissenschaftler im Gesetzgebungsverfahren das Risiko für eine Gefährdung Jugendlicher überwiegend als gering eingeschätzt hatten. Schädliche Auswirkungen wurden durchweg als in der Regel nicht wahrscheinlich angesehen. Völlig auszuschließen waren negative Auswirkungen jedoch nicht, so dass eine auf Jugendschutz ausgerichtete Regelung gerechtfertigt erschien, nicht jedoch ein Totalverbot. Auf dieser Grundlage wurde das abstrakte Gefährdungsdelikt der Pornografie errichtet. Natürlich kann niemand irgendetwas völlig ausschließen und mit diesem Trick haben die Politiker bis heute ihren Pornografieparagrafen durchgesetzt.

Der Gesetzgeber unterscheidet außerdem im §184 zwischen harter und weicher Pornographie. Insbesondere sadistische Pornographie zählt zur harten Pornographie. Die Entwicklung von Jugendlichen wurde hier ebenfalls als gefährdet angesehen. Auch an dieser Stelle konnten keine wissenschaftlichen Befunde der Annahme zu Grunde gelegt, aber eine Gefährdung auch nicht völlig ausgeschlossen werden.

Trotz wissenschaftler Bedenken, sah der Gesetzgeber die Novellierung als gerechtfertigt an [14].

§66 Abs. 3 (Sicherungsverwahrung) in Verbindung mit §176 ff.

Rechtsfolgen nach dem Bestimmungen des §§ 174 - 176, 182 u. 184 ff. StGB

§68 ff. StGB (Führungsaufsicht)

§68b Weisungen

§145a Verstoß gegen die Weisungen während der Führungsaufsicht

Strafandrohung wurde 2007 von einem auf drei Jahre erhöht [15].

Der Zweck der Vorschrift ist entsprechend der Führungsaufsicht, die Verhinderung von Straftaten durch die verurteilte Person. Die hier unter Strafe gestellte Tate wird als Sonderdelikt bezeichnet und fällt in die Kategorie des konkreten Gefährdungsdeliktes. Hinsichtlich des Vorsatzes des Täters gilt die Vorschrift als durchaus fragwürdig. Dieser müsste durch den Maßregelzweck bestimmt und bewertet werden[16].

Der Paragraph ist auch darüber hinaus in seiner Legitimation in mehrfacher Hinsicht umstritten. In der juristischen Praxis ist der § 145a kaum von Bedeutung[17].

Täter kann nur eine Person sein, die sich unter Führungsaufsicht befindet und die Tatmuss während dieser Maßregel begangen worden sein[18].

Tathandlung ist der Verstoss gegen eine bestimmte Weisung nach § 68b 1 Nr. 1 bis 11, die durch das Gericht der verurteilten Person erteilt wurde. Weisungen nach § 68b II sind nicht durch den § 145 a erfasst. Um gegen den § 145 a zu verstossen muss der Täter, die ihm auferlegten Weisungen nicht oder nur teilweise nachkommen. Ebenso ist der Straftatbestand verwirklicht wenn die Weisung nicht in der ihm auferlegten Weise erfüllt wird. Je nach Art der Weisung besteht die Tathandlung aus einem aktiven handeln oder im Unterlassen einer auferlegten Handlung[19].

Der § 145a erfasst nur Verstösse gegen genau bestimmte Weisungen. Verstösse gegen unbestimmte , unzulässige oder unzumutbare Weisungen erfüllen den Tatbestand des § 145 nicht[20].

Durch den Verstoss gegen eine Weisung muss der Zweck der Maßregel konkret gefährdet sein. Voraussetzung ist somit, dass durch den Weisungsverstoss die Gefahr einer erneuten Straftat vergrößert wird. Kleinere Verstösse reichen nicht aus den Tatbestand zu erfüllen[21].

Die Strafbarkeit entfällt ebenfalls wenn die Ursache des Verstosses, den Zweck der Maßregel nicht gefährdet bzw. wenn der Verstoss selbst dazu geeignet war die Gefährdung der Maßregel abzuwenden[22].

Der subjektive Tatbestand setzt Vorsatz voraus. Bedingter Vorsatz reicht dabei aus. Hierbei sind die Umstände der Weisung als Tatbestandsmerkmale zu betrachten. Gleiches gilt für die Gefährdung des Maßregelzwecks[23].

Die Tat kann gerechtfertigt oder entschuldigt sein. Dann fehlt es meist schon an der Gefährdung des Zwecks der Maßregel[24].

Die Straffzumessung soll sich am Umfang des Verstosses und an der hierdurch entstandenen konkreten Gefahr orientieren. Die Höchststrafe wurde 2007 von ein Jahr auf drei Jahre Freiheitsstrafe erhöht weil der Gesetzgeber in der geringeren Strafandrohung keine hinreichende Motivation für den Verurteilten gesehen hat die auferlegten Weisungen einzuhalten. Durch die Erhöhung des Strafrahmens sollte die Maßregel der Führungsaufsicht generalpräventiv aufgewertet werden[25].

Die Tat wird nur auf Antrag der Aufsichtsstelle verfolgt. Die Aufsichtsstelle hat den Bewährungshelfer zu hören, wobei die Wirksamkeit des Antrags nicht von der Anhörung des Bewährungshelfers abhängig ist[26].

Schlussbemerkung

Abkürzungen

BewH
Bewährungshilfe
BGH
Bundesgerichtshof (Zitiert nach Band und Seite)
BT-Drs
Bundesdrucksache (Zitiert nach Wahlperiode und Drucksache)
FührungsA
Führungsaufsicht
Rd.
Randnummer
RegE
Regierungsentwurf
StGB
Strafgesetzbuch
SV
Sicherungsverwahrung / Sicherungsverwahrter
StA
Staatsanwaltschaft
StS
Strafsenat
Vor
Vorbemerkung

Zitate/Quellenangaben

Quellen

  1. 1,0 1,1 Vor §174 Rd. 3b; Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof.
  2. Ziff. XIII 2.1, S.140 (alt) Zeile 5891, S. 120 (aktuell: http://www.cdu.de/doc/pdf/05_11_11_Koalitionsvertrag.pdf)
  3. 3,0 3,1 Strafrecht Besonderer Teil, 2. Auflage 2009, Lehrbuch, Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Verlag Ernst und Werner Gieseking * Bielefeld, Rd. 1, Seite 295
  4. 4,0 4,1 §176 Rd. 2., ebenda
  5. 5,0 5,1 Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar, Großkommentar, Sechster Band, §§ 146 bis 210, 12. Auflage, Verlag: De Gruyter Recht * Berlin 2009, Rd. 3-4, Seite 853
  6. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 2a, S. 1173
  7. 7,0 7,1 BT-Drs. 15/350. Bundestagsdrucksache. 15. Wahlperiode vom 28.01.2003
  8. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 56. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2009, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 2a, S. 1173
  9. Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar, Großkommentar, Sechster Band, §§ 146 bis 210, 12. Auflage, Verlag: De Gruyter Recht * Berlin 2009, Seite 851
  10. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 2, S. 1167
  11. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 3, S. 1167-1168
  12. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 36, S. 1174
  13. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof. Rd. 36b, S. 1174-1175
  14. Strafgesetzbuch Leipziger Kommentar, Großkommentar, Sechster Band, §§ 146 bis 210, 12. Auflage, Verlag: De Gruyter Recht * Berlin 2009, Seite 1160-1161, Randnummer 1-2
  15. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 1, S. 1150
  16. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 2, S. 1150
  17. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 3, S. 1150
  18. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 4, S. 1150
  19. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 5, S. 1151
  20. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 6, S. 1151
  21. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 8, S. 1151
  22. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 9, S. 1151
  23. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 10, S. 1151
  24. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 11, S. 1151
  25. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 12, S. 1151-1152
  26. Beck'sche Kurz Kommentare - Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 60. Auflage, Verlag C.H. Beck München 2013, von Dr. Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof Rd. 13, S. 1152